KI in der Produktion

Die Magie hinter dem Internet-der-Dinge

Von Christian Raum · 2018

Roboter-Hand bedient Tastatur eines Laptops; Thema: KI in der Produktion

Maschinen sind das größte Vermögen der Unternehmen. Mit IoT, Künstlicher Intelligenz und Sprachsteuerung sichert das Management diese Werte und lässt sie wachsen. Der Einstieg in die Künstliche Intelligenz startet übersichtlich, allerdings sind die Ziele ambitioniert: Am Ende soll die komplette Produktionsanlage von ihrem digitalen Zwilling in der Cloud gesteuert werden, virtuelle Kundenberater übernehmen den Vertrieb.

In den Produktionshallen sehen Außenstehende womöglich nur hässliche „Metallklötze“ mit einigen mechanischen Komponenten. Aber hier schlägt das Herz der mittelständischen Industrie. Diese „Metallklötze“ sind seit Jahrzehnten abgeschrieben. Sie produzieren nonstop Tag für Tag und Jahr für Jahr identische Teile. Jedes produzierte Teil bedeutet für das Unternehmen Cash. Deshalb sind Werkzeuge und Maschinenpark die wertvollsten Güter in den Bilanzen jedes Unternehmens. Finanzabteilung und Buchhaltung hüten sie wie ihre Augäpfel. 

Häufig lag der Tag der ersten Inbetriebnahme einer Maschine lange vor der Zeit, in der Computerprozessoren oder Netzwerke in die Unternehmen kamen. Tatsächlich haben viele Firmen ihre alten Anlagen niemals mit der Vorstellung aufgebaut, dass sie eines Tages kommunizieren sollten. Der Auftrag ist eindeutig: Solange sie die geforderten Teile in der richtigen Qualität produzieren, wird niemand aus dem Management diese Maschinen für ein Digitalisierungskonzept in Frage stellen. 

Genau hier liegt die Sollbruchstelle der Digitalisierung – jeder vom fortschrittlichen Teil des Unternehmens angestrebte Wandel kann am Widerstand der eher konservativen Vertreter scheitern.

Künstliche Intelligenz verändert die Unternehmenskultur 

Denn digitale Transformation und Künstliche Intelligenz bedeuten auch das Hinterfragen und den Wandel der Unternehmenskultur. Und die Konfliktlinie verläuft einerseits entlang des Selbstverständnis‘ der mittelständischen Unternehmen, bewährte Prozesse, Maschinen oder Werkzeuge nicht anzufassen, solange sie produktiv und rund laufen. Andererseits riskieren die Verantwortlichen, den digitalen Wandel von Industrie und Gesellschaft zu übersehen – und im schlimmsten aller Fälle deswegen mit ihrem Unternehmen zu scheitern.

Der Kompromiss kann sein, dass das Management dafür offen ist, den Wert der Anlagen zu erhöhen, indem sie günstig und pragmatisch aufgerüstet werden. Für die Digitalisierungsverantwortlichen ist es entscheidend zu prüfen, ob und wie sie das alte Eisen in den Produktionshallen mit Hilfe von Sensorik und Vernetzung und Künstlicher Intelligenz in „moderne“ Indus­trie-4.0-Anlagen verwandeln. 

Wenn sie diese Aufgabe lösen, werden die Digitalisierungsbefürworter auch unter den eher als konservativ geltenden Buchhaltern und Finanzplanern Verbündete gewinnen. Für diese Argumentation spricht, dass ein sehr geringer Aufwand bereits deutliche Wertsteigerungen im Maschinenpark nach sich zieht.

Mit Hilfe eines kleinen IT-Werkzeuges, das die Techniker über die Maschine legen und mit dem Netzwerk verbinden, können die KI-Systeme aus der Cloud einzelne Anlagen identifizieren. Im nächsten Schritt melden die Anlagen ihre Daten an die Cloud zurück: Beispielsweise Stromverbrauch, Anzahl der produzierten Teile, Abnutzung, Temperaturen und Standort. Die Künstliche Intelligenz erkennt Muster in den Daten, sie verfolgt den Verschleiß der mechanischen Teile und berechnet den Energieverbrauch und die Produktivität. 

Quelle: Tractica, 2016

KI in der Produktion steigert den Unternehmenswert

Per Mausklick erfahren die Mitarbeiter in der Buchhaltung, wie produktiv die jeweilige Maschine ist und welchen Wert sie repräsentiert. Die Produktionsleitung erhält eine SMS, sobald die nächsten Wartungstermine anstehen und das System schickt Bestellungen an den Hersteller, bevor Teile verschlissen sind. Die Stillstände in der Produktion werden immer kürzer, je mehr das System aus der Produktion lernt. Und die Finanzplaner verfolgen in den Bilanzen, wie der Buchwert ihrer alten Anlagen stetig wächst. 

Wenn die Pflicht geschafft ist, können die Digitalisierungsbeauftragten die Kür beginnen. Sie überlegen, welches die Technologien sind, mit denen sie die Künstliche Intelligenz steuern, programmieren, mit ihr kommunizieren und die Ergebnisse anzeigen. 

Mit Sprachsteuerung, virtueller Realität, Datenbrillen und sogar Hologrammen können sie ihre Produktion auf den Stand des Jahres 2018 heben. Und daran anschließend die neuen Technologien über das gesamte Unternehmen ausrollen. Die neue Qualität, die sie in die Unternehmen bringen, ist die Steuerung der Maschinen, Fahrzeuge, Gebäude und Callcenter über Sensorik und Server, über Sprache und Smartphone. 

Jetzt ist die Produktionsabteilung in der Lage, einen digitalen Zwilling der Produktion im Rechenzentrum abzubilden. Dann läuft jeder einzelne Prozess in der Fertigung auf Servern und in der Wirklichkeit parallel. Die Anlage kann nicht nur eigenständig Fehler und Defekte finden und diese korrigieren. Die gesamte Fabrik wird über „Copy-Paste“ replizierbar und kann an jedem beliebigen Ort der Welt als exakter Zwilling der ersten Produktion aufgebaut werden.

Neue Anbieter fordern Alteingesessene heraus

Im Unterschied zu früher müssen sich die Verantwortlichen in den Unternehmen heute mit der Frage beschäftigen, was die Digitalisierung für Themen wie Datenverteilung, Prozessverteilung oder Prozessownership bedeutet. Der Kern dieser Fragen ist die Veränderung der Welt unter dem Paradigma der Software und der IT-Technologie. Um den digitalen Wandel zu realisieren, ist es nicht nur notwendig, dass einzelne Maschinen und Abteilungen digital arbeiten und miteinander vernetzt sind. Idealerweise sollten alle Prozesse im Unternehmen durchgängig digital laufen. 

Diese Sorgfalt ist nötig, weil sich auch die Mitbewerber mit Künstlicher Intelligenz ausrüsten werden. Damit wird der Wettbewerb durch die IoT-Technologien immer heftiger. Wenn Unternehmen auf dem Markt recherchieren, sehen sie heute ganz andere und neue Anbieter als noch vor ein einigen Jahren. Denn mit der Unterstützung von Künstlicher Intelligenz kann heute jedes Unternehmen und jede Organisation alles produzieren, produzieren lassen oder verkaufen. 

Beispiel Automobilindustrie: Unter anderem in Deutschland und in Schweden werden Ausgründungen von Universitäten zu Konkurrenten der Automobilzulieferer und Fahrzeughersteller. Plötzlich haben akademische Fachbereiche die Kompetenz, sich als Unternehmen selbstständig zu machen und KI-gesteuerte Produktionen für autonom fahrende Elektroautos aufzubauen. 

Waren bis vor wenigen Jahren für die Montage von Fahrzeugen hundert Jahre Erfahrungen notwendig, stehen heute Wissen und Maschinen für alle Menschen bereit, die mit einem KI-System arbeiten können. Die neuen Autohersteller bauen auf der grünen Wiese eine Produktion auf und werden aus dem Nichts erfolgreich – und das ist sicherlich die eigentliche Magie der Künstlichen Intelligenz. 

So wandelt sich mit dem Internet-of-Things und der diese Netzwerke steuernden Künstlichen Intelligenz auch die alte Verhältnismäßigkeit zwischen alteingesessenen Herstellern und jungen Herausforderern. Etwa bei dem Boom, den die Elektromobilität und die autonomen Fahrzeuge auslösen – hier kommen immer neue Unternehmen auf den Markt und besetzen die KI- und E-Car-Nische, welche die Autobauer bislang arrogant ignoriert haben. 

Und sie haben den Vorteil beim Aufbau eines neuen Unternehmens die Künstliche Intelligenz in dessen DNA einzubauen – und zwar End-to-End von der Produktion über die Unternehmenssteuerung bis zu Vertrieb und Service.

Wussten Sie schon, dass ...

die Zeit innerhalb von Datennetzwerken nicht eindeutig festgelegt ist? Je nachdem welchen Zeitservice ein Netzwerkanbieter nutzt, variieren die Zeitangaben in den verschiedenen Netzwerken. Das hat Auswirkungen auf das GPS-System. Das berechnet Koordinaten für jeden Ort der Welt. Anhand dieser Daten „weiß“ das KI-System, das beispielsweise ein Auto steuert, an welcher Stelle sich das Fahrzeug befindet. Gefährlich wird es, wenn verschiedene Fahrzeuge mit verschiedenen Zeitsystemen gesteuert werden – weil beide Autos möglicherweise unterschiedliche Standorte des jeweils anderen Fahrzeuges angezeigt bekommen. 

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