eCall-Notrufsystem

Die richtige Vermittlung ist entscheidend

Von Christian Raum · 2018

Mann telefoniert nach Autopanne; Warndreieck im Vordergrund; Thema; eCall-Notrufsystem

Callcenter können Leben retten. Entscheidend ist, dass die digitale Vermittlungsstelle die Notrufe als Notrufe erkennt und an den zuständigen Agenten weiterleitet. Hierfür müssen die Algorithmen in Sekundenbruchteilen eine Liste von Kriterien abarbeiten.

Innerhalb eines Callcenters ist die Abteilung für eCalls (emergency calls) wie ein Hochsicherheitstrakt geschützt. Agentinnen und Agenten laufen durch Schleusen und Flure, auf ihrem Weg zu den Arbeitsplätzen werden sie von Sensoren und Kameras der KI-Systeme verfolgt. Ihre Identität wird anhand von Chipkarten, Fingerabdrücken und Gesichtserkennung mehrfach geprüft. Algorithmen stellen sicher, dass kein Unbefugter in das Gebäude gelangt oder Zugriff auf die IT-Systeme erhält. 

Im eCall-Callcenter sind keine Fehler erlaubt. Denn hier geht es um Leben und Tod. Und die Künstliche Intelligenz stellt sicher, dass von außen nur eine Art von Information in das Innere gelangt: der Notruf aus einem Auto. 

Seit März 2018 dürfen Autos nur noch mit dem eingebauten, automatischen Notruf ausgeliefert werden. Der sogenannte „öffentliche eCall“ wird an die Nummer 112 geleitet. Die Agenten hier im Callcenter sind allerdings für den „privaten eCall“ verantwortlich – ein Service, den die Autohersteller ihren Kunden anbieten. Und die lassen sich die Rettung ihrer Kunden und das Bergen der Fahrzeuge einiges kosten. 

eCall: Agenten müssen sofort verfügbar sein

Sie verlangen 99,99 Prozent Verfügbarkeit und die Anforderungen ist, dass die Callcenter rund um den Globus verteilt sind. Agenten und IT-Systeme sollen möglichst alle Sprachen aller Kunden beherrschen. Weltweit arbeiten inzwischen mehr als 10.000 Callcenter-Agenten für die Autokonzerne und deren „privater“ Rettung von verunfallten Kunden.

Die Verfügbarkeit der Agenten ist entscheidend. Denn die Autobauer bezahlen nicht nach der Anzahl der Anrufe, sondern für die schnelle Anruf­annahme und die Rettung der Fahrer. Dafür müssen alle Arbeitsplätze rund um den Globus immerzu besetzt sein.

Die alles entscheidende Funktion ist die digitale Vermittlung der ankommenden Anrufe. Erkennt sie einen eCall sind die nächsten Fragen, aus welchem Fahrzeug der Anruf kommt, welche Sprache der Verunglückte spricht, in welchem Land sich der Unfall ereignet hat und welche Sprache notwendig, ist, um die Rettung einzuleiten. Die Software muss innerhalb eines Augenblicks und eigenverantwortlich aus einer Liste von mehreren tausend Mitarbeitern die Aufgabe für die Lebensrettung an zwei Personen delegieren.

Spezialausbildung für Callcenter-Agenten 

Denn das Callcenter arbeitet nach dem Zwei-Agenten-Prinzip: Verunglückt beispielweise ein deutscher Fahrer in Spanien, werden sich ein deutschsprechender und ein spanischsprechender Agent um das Unglück kümmern. Während einer der beiden mit dem Fahrer in Kontakt bleibt, ruft der andere Sanitäter, Feuerwehr, Polizei.

Über die Telefonverbindung hört der Agent, was im Unfallfahrzeug passiert. Einige Fahrzeuge liefern sogar die Vitaldaten ihrer Fahrer über die Datenleitung – und womöglich ist der Agent virtuell dabei, wenn der Fahrer oder ein anderer Insasse des Fahrzeuges verstirbt.

Selbstverständlich werden Agenten für diese Einsätze geschult. Nach einem Unfall steht der Verunglückte vielleicht unter Schock oder ist verwirrt. Deshalb gibt es ein handverlesenes Team, das innerhalb des Callcenters ausschließlich eCalls bearbeitet. Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden psychologisch betreut; ein E-Call-Callcenter-Agent, heißt es, müsse „standfest sein“.

Aber ein eCall-Callcenter rechnet sich nur, wenn der Betreiber die Leistungen ständig ausbaut. Ein Bereich, der sehr eng mit eCalls verbunden ist, sind sogenannte „Wearables“, die vor allem im Gesundheitswesen genutzt werden. Die Patienten erhalten eine kleine Box, ein Armband, eine App auf das Smartphone, das ihre Gesundheitsdaten liefert. 

Das Zentrum dieser Callcenter-Abteilung ist ein Rechenzentrum, in dem Anwendungen mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz die Gesundheitsdaten auswerten. Und wieder geht es um Lebensrettung und die Reaktion innerhalb von Augenblicken: In diesem Fall schlägt die App einer Patientin Alarm. Die alte Dame ist gestürzt, ein Arm ist womöglich gebrochen und die Vitaldaten aus dem Wearable sind besorgniserregend. Es ist jetzt die Verantwortung des Agenten, einen Rettungswagen zu schicken, in einem Krankenhaus eine Notfalloperation anzukündigen und das Leben der Patientin zu retten.

Bots können die Bergung der Fahrzeuge veranlassen

Der deutsche Markt für Autoersatzteile hat laut Darstellung eines Branchenverbandes ein Volumen von rund 30,5 Milliarden Euro. Reparatur und Ersatzteile sind ein wesentlicher Umsatzbringer für die Automobilindustrie: Deshalb sind die E-Call-Callcenter nicht nur für die Rettung der verunglückten Autoinsassen zuständig, sondern auch für das Abschleppen der Fahrzeuge und deren Transport in die Vertragswerkstätten der jeweiligen Unfallwagen. Das Bergen der Fahrzeuge generiert zwar höhere Umsätze als die Rettung der Insassen, ist aber weniger zeitkritisch. Daher kann der Anruf bei der nächstliegenden Werkstatt an einen Callcenter-Bot vermittelt werden.

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