KI in der Automobilindustrie

Sprachassistenz für die Datenhoheit im Auto

Von Christian Raum · 2018

Automechaniker mit Laptop an geöffneter Motorhaube. Thema: KI in der Automobilindustrie
Die Datenschnittstelle für Werkstätten gilt als Sicherheitsleck, über das viele Daten abfließen.

Die Automobilindustrie hat offensichtlich bei der Entwicklung von Fahrzeugen und sinnvoller Software den digitalen Wandel verschlafen. Damit überließen die Konzerne die Kunden und deren Autos den großen Internetanbietern und Smartphone-Herstellern. Jetzt wollen die Automobilkonzerne die Hoheit zurück. Hierfür machen sie ihre Produkte mit Künstlicher Intelligenz für die Kunden attraktiver.

Autofahrerinnen und Autofahrer, die im Stau an einer Baustelle stehen, haben eine neue Möglichkeit, die Wartezeit zu überbrücken. Beispielsweise können sie über Musik plaudern. Die Fahrerin bittet das Auto Musik zu suchen, die ihr gefallen könnte. Das Auto hat ein kleines digitales Gehirn, das mit Künstlicher Intelligenz arbeitet. In den vergangenen Monaten hat das Auto seine Besitzerin kennengelernt. Heute weiß es, sie hört gerne und häufig Jazz und Blues. 

Auf die Frage nach interessanter Musik antwortet das Auto mit umfangreichem Wissen, das es über das Netzwerk seines Herstellers bei einem angeschlossenen Content-Management-Anbieter gefunden hat. Es habe die epochale Aufnahme eines nahezu unbekannten Saxofonisten gefunden, teilt es mit. 

Die Fahrerin möchte ein paar weitere Informationen und erfährt, dass der Musiker bei einem großen Festival in der Nähe aufgetreten ist und am nächsten Tag in einem kleinen Club gleich um die Ecke spielen wird. Der nächste Auftrag an das Auto ist es, diesen Termin in den Kalender einzutragen und die Musik abzuspielen. Das Auto fragt einmal nach, ob dieses Stück seiner Besitzerin gefällt und speichert die Antwort.

KI und Sprachassistenz – die Zukunft des Autos

Bis jetzt haben die Autohersteller den digitalen Wandel verschlafen und versuchen nun mit Künstlicher Intelligenz und Sprachassistenz-Systemen, ihre Fahrzeuge für das Zeitalter der Digitalisierung fit zu machen. Mit Sprachanwendungen und -steuerung kämpfen sie um die Gunst ihrer Kunden. Denn die sind über ihre Smartphones mit den großen Internetunternehmen verlinkt. Und hier liegt das eigentliche Problem der Automobilhersteller: Die großen US-amerikanischen Konzerne saugen die Daten aus den Autos ab, verarbeiten sie und nutzen sie dann für ihre eigene Wertschöpfung. 

Jetzt rächt es sich, dass die Autohersteller und die mit ihnen verbundenen Netzwerkanbieter über Jahre nahezu untätig dabei zugesehen haben, wie die Daten aus den Autos verschwanden und auf Server in aller Welt kopiert wurden. Um in Kontakt mit ihren eigenen Kunden und ihren Produkten zu kommen, müssen sie heute den Umweg über die Besitzer dieser Server gehen. Doch mit den kommenden Modellen wollen sie das Blatt wenden.

Automobilhersteller wollen Kundendaten

Denn inzwischen erkennt die Automobilindustrie, wie wichtig eine eigene Daten-Policy nicht nur für die Wertschöpfungen ist. Auch rechtlich sind die Hersteller in der Pflicht, über die Daten ihrer Kunden zu wachen. Um allerdings wieder Herr im eigenen Haus – oder eben im eigenen Fahrzeug – zu sein, müssen sie den Kunden bessere und spannendere Systeme für die Online-Nutzung anbieten, als diejenigen, die sie bislang nutzen. 

Eine Antwort auf Social-Media-Plattformen und Suchmaschinen könnten Künstliche Intelligenz und Sprachassistenten sein. Dabei wollen sich die Angebote der Autokonzerne durch hochwertige und handverlesene Inhalte unterscheiden – Informationen und Dialoge sind als ein Gegengewicht zu den massentauglichen Suchergebnissen der bekannten Internetanbieter positioniert.

Hierzu verlinken sie die Fahrzeuge mit den Content-Angeboten, die sie über die Schnittstellen der Systeme selber kontrollieren. Und sie geben ihren Vertriebspartnern und den Flottenanbietern langfristig die Möglichkeit, die Online-Nutzung passgenau für die jeweiligen Kunden einzurichten. 

Und während die Autos ihren Besitzerinnen und Besitzern mit Informationen und Unterhaltung assistieren, fließen deren kostbare Daten nunmehr in die Speicher der Autokonzerne.

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